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Honingprotocollen

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Im ursprünglichen Wortsinn des Protokolls gibt es einen klebrigen Kern: Ein zusammengeleimtes Buch ist gemeint oder, spezieller: das einer Niederschrift vorgeleimte Blatt, mit einer Chronologie zum Schriftstück und Angaben zum Verfasser. Das steht am Anfang des Buches, wird ihm aber zuletzt eingeklebt. Daher auch die Tendenz zum Hohn – in all seiner Nachträglichkeit. Es gibt die Klebrigkeit der inneren Fixierung, die auf immer wieder erneutes Durchdenken dringt, und es gibt den unvergesslichen Honig an den Schuhen, in der Tasche, an den Fingern, der an den unachtsamen Moment seines Verschüttens erinnert. Auch dies kann als ein Protokoll gesehen, wenn auch nicht gelesen werden. Oder nehmen wir den Körper als Protokoll unseres Lebens, für den Verlauf der Zeit, dem wir unterliegen. Nehmen wir den Honig als Protokoll des Bienenflugs und als Auskunft über die von ihnen gerade noch erreichbaren Blüten. Die Honigprotokolle sind beinahe quadratisch und ineinander verfugt wie Kacheln. Sie bilden ein Raster, das ihre Ordnung offenbart. Etwas ist passiert – das Gedicht gibt Auskunft und bittet seinerseits um Deutung. Es behandelt eine längst vergessene Süße. Sinne, Affekte, Materialien oder eine Angst, die gestern noch in die Zukunft ging. Auch davon berichtet das Protokoll. Es wendet sich an Konzepte, die es nicht abstreifen kann: kollektive Erfahrungen, von Einzelnen protokolliert. Die Arbeitsteilung erfolgt via Reizschwellen, die eine Folge der Vielfachpaarung sind. So wird eine hohe Bandbreite von Empfindlichkeiten garantiert. Doch es ist wie beim Bienentanz: Am Ende wird nur noch für die beste Höhle getanzt.